AUF DEN SPUREN
eines geheimnisvollen Phantoms
Von Winkeln aus geht es auf unserer Begegnungsreise mit lokalen
Charakterköpfen weiter nach Kirchanschöring. Dort treffe ich mich mit
Bernhard Straßer zu einer geheimnisvollen Spurensuche. Der 41-Jährige ist
ein literarischer Tausendsassa. Als Mitbegründer der Chiemgau-Autoren und
Redakteur seines Blogs „Chiemgauseiten“ erweist sich der ehemalige Sportreporter
als profunder Kenner regionaler Besonderheiten und Persönlichkeiten.
Sein Brot verdient der gebürtige Traunsteiner zwar als Berufsberater. Sein Herz
aber schlägt für die Literatur.
So ist es kein Wunder, dass er mit seinen Romanen „Kleinstadtrebellen“ und
„Sterne sieht man nur bei Nacht“ sowie dem heiteren „Elterntagebuch“ bei
Lesungen gefragt ist. Etwa auch im regelmäßig veranstalteten Literatursalon
des Knallerhofs in Kirchanschöring. Unweit von dem malerisch auf einer Anhöhe
mit Panoramablick gelegenen Anwesen wohnte die Schriftstellerin Luise
Rinser, nach der ein Weg im Ort benannt ist. Straßer, der in Kirchanschöring
aufgewachsen ist, erzählt mir von dem positiven sozialen Klima in der ersten
Gemeinwohl-Gemeinde Deutschlands, von dem Jugend-Festival „Im Grünen“
und den frühen Erfolgen der Fußballer in der Landesliga. Richtig spannend wird
es dann bei der Exkursion zum Finsterwald. Dort sorgte die Begegnung mit
einem unheimlichen Phantom in den 1990er Jahren für große Aufregung.
Straßer hat die Geschehnisse in
seinem Erstlingswerk „Der Finstermann“
als 17-Jähriger festgehalten
und feilt gerade an einer Überarbeitung.
In einem kleinen Waldstück
an der Verbindungsstraße zwischen
den lautmalerischen Ortsteilen
Bannmühle und Neunteufeln gehen
wir auf Spurensuche. Hier im Finsterwald
soll der Schüler M. auf dem
Heimweg von einer Party in einer
Sommernacht einem zwei Meter
großen, pechschwarzen Ungetüm
begegnet sein. Straßer zeigt mir die
Stelle. Die Augen des „schwarzen
Mannes“ leuchteten angeblich
blutrot und er soll einen Gegenstand
in der Hand geschwungen haben.
Voller Schreck stürzte M., ein kräftig
gebauter junger Mann, vom Rad
und rannte in die nächste Siedlung
um sein Leben. Die Geschichte ist
bis heute als „urbane Legende“ im
Internet lebendig und wurde erst
kürzlich wieder in einem großen
Radiobericht aufgewärmt. Dabei
klingt die mögliche Erklärung für das
Rätsel simpel: „Bei den roten Augen
könnte es sich um die roten Lichter
des Kraftwerks in Ostermiething
gehandelt haben“, sinniert Straßer
heute.
BERNHARD STRASSER
Literat aus Traunstein, der in Kirchanschöring
aufgewachsen ist
Gründungsmitglied der Chiemgau-Autoren
Verfasser mehrerer Bücher und Redakteur
des Blogs „Chiemgau-Seiten“
Liest regelmäßig bei Autorenabenden
www.chiemgauseiten.de
CHARAKTERLANDSCHAFT Seite 31