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schwere Kalksteine heranzuschleppen und in dem gewaltigen Erdofen zu einem kunstvollen Steingewölbe aufzuschichten. „Da braucht man viel Gefühl, die Steine müssen genau ineinanderpassen und jeder Handgriff muss sitzen“, erklärt Gröll. „Das ist eine Mordsarbeit, extrem lustig und zugleich saugefährlich, wenn wir da 700 Zentner Steine von innen aufschichten.“ Danach ist nochmal langer Atem gefordert. In vier Sechs-Stunden-Schichten zu jeweils drei Mann wird Feuerwache gehalten: Holz nachlegen, Glut kontrollieren und aufpassen, dass das Schürloch schön frei bleibt. Die Hitze macht durstig. Deshalb haben die Kalkbrenner Bierbänke aufgebaut und eine Bar geschreinert. Hier wird neben der eigens gebrauten „Hoaza-Hoibe“ auch Selbstgebrannter ausgeschenkt: „Is‘ a d’stoag, bist z’gring“ (Ist er zu stark, bist Du zu schwach) steht darauf. Kalkbrennerhumor halt. Und der durchzieht auch das große Fest, mit dem die alte Tradition auch 2019 hochgehalten wird. INFORMATIONEN KALKBRENNERFEST ALS GROSSES SPEKTAKEL VOM 19. BIS 23. JUNI 2019 Das Kalkbrennerfest in Dieperting beginnt am 19. Juni 2019 um 9 Uhr mit dem offiziellen Anheizen. Um 19 Uhr spielen die „3 Z’widern“ beim Weinfest auf. Am 20. Juni ab 12 Uhr gibt es ein Oldtimertreffen mit Vorführungen alter Handwerkskünste, u.a. Bierbrauen, und ab 19 Uhr eine Hoaza-Party mit DJ Danzei. Frischer Schweinsbraten aus dem Holzofen mit Knödeln wird als Spezialität am 21. Juni ab 18 Uhr serviert. Um 21 Uhr lädt DJ Abe zur Almkaser- bzw. Seestadl-Party. Wie das Kalkbrennen genau funktioniert, erfährt man bei Führungen am 22. Juni ab 13 Uhr. Dazu werden bayerische Schmankerl serviert. Um 20 Uhr heizt die Gruppe „Heat up“ mit Live-Rock ein. Zum Ausklang beim musikalischen Frühschoppen spielt am 23. Juni ab 10 Uhr die Jugendkapelle Otting. Nach dem Erkalten des Ofens folgt am 29. Juni ab 12 Uhr das historische Kalkaustragen mit Traktor-Oldtimern und Pferdefuhrwerk sowie Verkauf. Trotz des großen Haufens an ansehnlichen Brocken ist damit eines allerdings noch niemand geworden: steinreich. DIE HANDWERKSKUNST DER KALKBRENNER Dank der letzten Eiszeit finden sich in der Gegend um Dieperting große Mengen von Kalksteinen im Boden. Bauern entdeckten die Kalkbrennerei bereits früh als Zusatzverdienst. Ein knappes Dutzend Öfen war bis in die 1940er Jahre hinein Fertiger Kalk in Betrieb. Dann ließ billiger Industriekalk die Produktionsanlagen erkalten. Der Großreiter Sepp, 86, kennt das Handwerk noch aus seiner Jugend und gab das Wissen an die Mitglieder des Ottinger Kalkbrennervereins weiter, die die alte Technik 1979 wiederbelebt haben. Beim Kalkbrennen werden die rohen Kalksteine im Ofen mindestens 100 Stunden bei rund 1.000 Grad gebrannt. Verbindet man den gebrannten Kalk mit Wasser, wird daraus gelöschter Kalk, der als Düngemittel, für Wandfarben, Frostschutz für Bäume oder zur Schädlingsbekämpfung verwendet wird. DER DIEPERTINGER KALKOFEN Als letzter funktionierender Kalkofen in der Region stellt die Anlage in Dieperting bei Waging am See eine Rarität dar. Er befindet sich wie eine Art Silo im Boden, ist vier Meter hoch und hat einen Durchmesser von drei Metern. Innen ist der alte Kalkofen mit Schamottsteinen gemauert und außen mit Erde hinterfüllt, damit das Material dem Druck der rund 700 Zentner Kalksteine standhält, die eingefüllt werden. Die Steine werden anfangs igluförmig zu einem in sich tragenden Gewölbe aufgeschichtet. Über einen äußeren Holzbalken mit Seilzug („Galgen“) erfolgt im Anschluss das Auffüllen des Ofens mit Steinen. Den Abschluss bildet der oben aufgesetzte Steinring („Gupf“), der vor dem Anzünden mit Stroh und Kalkmörtel abgedichtet wird, damit die Hitze nicht ausströmen kann. Feiern mit Musik, Schmankerl, Schank und Handwerkskunst Aufschichten der Steine zu einem tragenden Gewölbe ABENTEUER KALKBRENNERFEST IN OTTING Seite 31


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