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Es ist dieser verführerische Duft von frisch gebackenem Brotteig und feinen Röstaromen, der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Obwohl man beim Bäcker und Discounter heute im Handumdrehen aus einer Vielzahl von Teigwaren auswählen kann, ist es immer noch ein besonderes Erlebnis, Brot selber zu backen. Noch dazu, wenn dabei ein urig-rauchgeschwärztes Backhaus mit Steinbackofen mitten in einem Bauernhofmuseum mit im Spiel ist. Bei Franz Huber (76), dem „Bauern z’Hof“ nahe Kirchanschöring, wird aus dem Brotbacken ein sinnen- und erlebnisreiches Ereignis. An vielen interessanten Stellen kann man hier alles rund ums Thema Landwirtschaft, Getreide und Brot erfahren. Wie aus frisch gemahlenem Mehl ein köstlich duftendes Brot wird, zeigt uns Bio-Bäckermeister Michael Wahlich. Er ist Kooperationspartner der Ökomodellregion Waginger See und unterstützt Franz Huber bei den Vorführungen im Bauernhausmuseum. Ganz ohne Hilfs- und Zusatzstoffe, nur aus Bio-Roggenvollkornmehl aus der Region, Wasser, Steinsalz und Natursauerteig hat er den Brotteig in traditioneller Handwerksmanier angesetzt. Rund um den großen Tisch in der holzgetäfelten Schauküche warten kleine und große Bäckergehilfen darauf, den klebrig-klumpigen Teig auf dem ausgestreuten Mehl kräftig mit den Fingern durchzukneten und dann in die Gärkörbe zu legen. Oh, wie herrlich das batzt, freuen sich die „Minis“! Bio-Bäcker Wahlich macht deutlich, dass es für ein Gelingen des Brotes nicht nur auf das richtige Mehl und präzise Mengenangaben ankommt, sondern auch auf Gär- und Ruhezeiten des Teigs. Im alten Backhaus aus Schlackensteinen hat Franz Huber inzwischen mit Buchenscheiten den Backofen angeheizt. Knackend und rotglühend erhitzen sie Boden und Gewölbe. Damit die 30 Teiglinge nicht verbrennen, zieht Huber Glut und Asche heraus, reinigt die Backfläche mit einem nassen Strohbesen und kontrolliert mit einem kurzen Mehltest, ob die Temperatur von etwa 200 Grad passt. Dann verschwinden die Brote im Handumdrehen im Ofenloch. Bei einem Rundgang durchs Bauernhausmuseum erfahren die Besucher zwischendurch in vielen Details, wie überlebenswichtig der Getreideanbau und wie mühsam und karg das bäuerliche Leben früher war. Nur alle 14 Tage wurde Brot gebacken. Da ist mancher sichtlich froh, als die frisch duftenden Roggenbrote nach dem Klopftest aus dem Backofen gezogen und später mit frischer Kräuterbutter verkostet werden. Mmmmh, wie das schmeckt! Historischer Brotbackofen Frisch gebackene Laibe INFORMATIONEN RUPERTIWINKLER BAUERNHOFMUSEUM Knapp zwei Kilometer östlich von Kirchanschöring im Weiler Hof liegt das Rupertiwinkler Bauernhofmuseum. Der Landwirt und Heimatforscher Franz Huber hat hier neben seinem Anwesen historische Gebäude, Gerätschaften und Ausstellungsstücke versammelt, die einen guten Einblick in die Landwirtschaft von früher geben. Prunkstück ist der Schmidhof von Hötzling aus dem Jahr 1811, den Huber zwischen 1979 und 1981 versetzen und originalgetreu im Bauernhofmuseum wieder aufbauen ließ. Er gibt Einblick in das bäuerliche Leben um 1920. Weiter sind ein Getreidekasten von 1594, Brechlbad, Backofen und ein Museumsstadel mit großer Auswahl an Gerätschaften aus Landwirtschaft und Handwerk zu sehen. Im Museumsstadel wird eine wissenschaftliche Ausstellung über das Getreide vom Anbau bis zum Dreschen gezeigt. Zu besichtigen sind auch 50 alte Schlepper (ab 1937) und eine historische Dampfdreschmaschine. Geöffnet ist im Juni, Juli und August jeweils Mittwoch und Samstag von 12 bis 16 Uhr. Nähere Infos gibt es unter Telefon +49 (0)8685 469 BROTBACKEN IM BAUERNHOFMUSEUM Zusammen mit dem Bio-Bäcker Michael Wahlich aus Saaldorf-Surheim bietet das Rupertiwinkler Bauernhofmuseum an einem Workshop zum Brotbacken im alten Steinbackofen mit viel Wissenswertem rund ums Brot sowie kleiner Führung an: Dienstag, 23. Juli 2019. Beginn ist um 9 Uhr. Die Unkosten betragen 12 Euro pro Person. Die Anmeldung erfolgt über die Tourist-Info Kirchanschöring Telefon +49 (0)8685 77939 20, www.waginger-see.de LAUFENER LANDWEIZEN: COMEBACK EINER ALTEN GETREIDESORTE In seinem Betrieb verwendet Bio-Bäcker Michael Wahlich auch Mehl vom Laufener Landweizen für seine Backwaren. Der Anbau der alten Getreidesorte mit seinem leicht nussigen Geschmack wird erstmals im 16. Jahrhundert im Rupertiwinkel – seinerzeit die Kornkammer Salzburgs – erwähnt. In der Gegenwart war er in der Region so gut wie ausgestorben. Nach der Entdeckung in einer Berliner Samenbank wurde er in der Samenklenge Lebenau bei Laufen wieder kultiviert. Inzwischen pflanzen eine Reihe von Biobauern der Region den Laufener Landweizen wieder an. Die Pflanze mit ihren ein Meter hohen Halmen, kleinen Ähren und langen Grannen gibt zwar deutlich weniger Ertrag, ist aber kaum anfällig für Schimmelpilze und muss nicht gespritzt werden. Die mit blauen und roten Ackerblumen durchsetzten Felder sind ein Paradies für Bienen und andere Insekten. Der Laufener Landweizen wird inzwischen ebenso zum Bierbrauen wie zur Whisky– produktion eingesetzt. Seite 50 BROTBACKEN BEIM BAUERN Z´HOF


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